Die englische Diskussion über den Abhörskandal um die Boulevard-Zeitung News of the World hat das Imperium des Medien Tycoons Rupert Murdoch ins Taumeln gebracht. Es wurde wieder bewusst, dass Schlagzeilen, Skandale und Sensationen zu den Essenzen boulevardisierter Medien gehören. Doch gilt das auch für den Journalismus in der Schweiz. Da kommt ein Buch von Kurt W. Zimmermann gerade richtig, das genau diesen Titel hat: „Schlagzeilen, Skandale, Sensationen. Wie Medien und Journalisten heute agieren“ (Zürich: 2011).
Doch leider enttäuscht dieses kurzatmige Buch, das vor allem aus überarbeiteten und ergänzten Medienkolumnen aus der „Weltwoche“ besteht. Eigentlich erfährt man wenig Neues; zudem wird vieles pausenlos im Buch wiederholt. Auf S. 12 wird ein dreistufiges Modell beschrieben, wie in der journalistischen Alltagsarbeit Skandale erzeugt werden:
– durch „Schrauben“, indem der Story ein bestimmter Dreh verpasst wird;
– durch „Aufpumpen“, indem diese auf eine höhere Ebene geschoben wird:;
– durch „Zuspitzen“, indem die Story auf ihr finales Potenzial ausgestestet wird.
Genau dies scheint aber auch die Methode, welche der Autor in seinem Buch auf immer neue Beispiele anwendet. Dabei sind einzelne Beispiele sicher erhellend, da Zimmermann die Journalismus-Szene von innen kennt. So führt er nochmals ins Bewusstsein, wie die Medienkonzentration beim Verlagshaus Tamedia in den letzten Jahren funktionierte – etwa im Fall der Thurgauer Zeitung. Diese wurde übernommen, um die „langfristige Unabhängigkeit“ und die Medienvielfalt im Kanton Thurgau zu sichern. Schon fünf Jahre später kam es zum Verkauf an die NZZ Gruppe und dann zur Einstellung der Zeitung… (S. 63). Viele zu viele andere Beiträge enden dagegen in plakativer Thesenhaftigkeit, die nach dem dreistufigen Modell funktioniert, wie es oben beschrieben wird.
Schon beinahe merkwürdig wird es, wenn Zimmermann die Zunft der Kolumnisten kritisiert, da nichts so ins Kraut schiesse, wie diese. Wenn er dabei die „masernartige Kolumnitis“ kritisiert, so gehört ja die Entstehungsgeschichte seines Buches ebenfalls in dieses Kapitel. Und es gilt, was er für die Kolumne als Definition beschreibt: Sie sei kurz und stehe als Fachbegriff aus der Typographie für eine Spalte. Doch das ist es gerade, was sein eigenes Buch so schwierig macht: Eine Unmenge von einzelnen hintereinandergelegten Spalten. Das führt indessen dazu, dass der analytische Blick zu kurz kommt. So ist daran zu zweifeln, ob dadurch jeder Leser, wie der Klappentext verspricht, durch die Lektüre dieses Buches zum Medienprofi wird.
Kurt W. Zimmermann, Schlagzeilen, Skandale Sensationen. Wie Medien und Journalisten heute agieren, Zürich 2011 (Orell Füssli)